Ezra Klein & Derek Thompson (2025): Der neue Wohlstand

00:00:00: Eine Buchessenz, die Friedrich Ebert Stiftung.

00:00:08: Der neue Wohlstand.

00:00:10: Was wir für eine bessere Zukunft tun müssen.

00:00:13: Von Ezra Klein und Derrick Thompson.

00:00:16: Erschienen im Hoffmann- und Kampferlag Hamburg.

00:00:21: Kurz gefasst und eingeordnet von Sören Helmhans.

00:00:26: Buchessenz.

00:00:29: Kaun Aussagen.

00:00:31: Für eine bessere Zukunft brauchen wir mehr von dem, was ein gutes Leben möglich macht.

00:00:37: saubere Energie, moderne Infrastruktur und bezahlbaren Wohnraum.

00:00:42: Stattdessen schaffen politische Entscheidungen von konservativen wie liberalen künstliche Knappheit.

00:00:49: Nötig wäre jedoch das Gegenteil, eine Politik des Überflusses.

00:00:56: Einordnung aus Sicht der sozialen Demokratie.

00:01:00: Klein und Thompson entwerfen eine Vision einer gerechteren klimaneutralen Zukunft.

00:01:05: Ein Ziel, das im Zentrum sozialdemokratischer Politik steht und daher Aufmerksamkeit verdient.

00:01:12: Ihr Appell an Progressive?

00:01:14: Umverteilung und Verzicht reichen nicht.

00:01:17: Vielmehr braucht es einen Überfluss an dem, was das Leben verbessert.

00:01:22: Doch gut gemeinte Vorschriften blockieren oft genau diese Projekte, untergraben das Vertrauen in den Staat und stärken so den Populismus.

00:01:31: Ihr Lösungsvorschlag?

00:01:33: Bürokratieabbau, neue Innovationspolitik und große Infrastrukturprojekte.

00:01:40: Eine Diagnose, die auch für Deutschland relevant ist, wo progressive zunehmend als Verwalter des krisenhaften Status quo wahrgenommen werden.

00:01:51: Buch Autoren.

00:01:54: Esra Klein ist Kolumnist und Moderator des preisgekrönten Podcasts, die Esra Klein Show der New York Times.

00:02:01: Er ist Autor des Buches We Are Polarized.

00:02:04: Wir sind polarisiert, dass sofort zum Bestseller wurde und zu Barack Obama's Topbüchern des Jahres.

00:02:14: Der Rick Thompson ist Redakteur bei The Atlantic und Moderator des Podcasts Plain English.

00:02:20: Er ist Autor des nationalen Bestsellers Hitmakers.

00:02:24: Unter dem Titel On Work erschien zudem eine Auswahl seiner Texte über Arbeit und Technologie.

00:02:33: Buch Inhalt.

00:02:36: Am Anfang steht die Vision einer Zukunft des Überflusses.

00:02:40: Überfluss meint dabei nicht grenzenlosen Konsum, sondern das, was Menschen für ein gutes Leben benötigen.

00:02:47: Günstige und saubere Energie, grüne Städte mit bezahlbarem Wohnraum und guter Infrastruktur.

00:02:54: Eine intakte Natur, trinkbar gemachtes Meerwasser und Fleisch aus dem Labor, ohne Tierleid und massiven Landverbrauch.

00:03:04: Dazu Produktivitätsschübe durch künstliche Intelligenz, mehr Freizeit, weniger Armut und eine gelöste Klimakrise.

00:03:14: Eine solche Zukunft ist radikal anders als die Gegenwart, aber erreichbar, wenn wir mehr in die Dinge investieren, die wirklich wichtig sind.

00:03:23: Dafür braucht es einen handlungsfähigen Staat, der Wachstums Hindernisse beseitigt und die Voraussetzungen für echten Fortschrittschaft.

00:03:32: Genau daran scheitert die Politik bisher jedoch.

00:03:35: Die Demokraten in den USA konzentrieren sich auf die Nachfrageseite und fördern Konsum, ohne das Angebot an Gütern und Dienstleistungen zu erweitern, die sozialen Fortschritt ermöglichen.

00:03:47: So entsteht eine selbstgeschaffene Knappheit, verursacht durch politische Entscheidungen.

00:03:54: Wachsen!

00:03:56: Wachstum entsteht heutzutage nicht nur durch mehr Ressourcen oder Arbeit, sondern vor allem durch Innovation.

00:04:03: Die Zentren der Innovation sind die großen, liberal geprägten Städte.

00:04:08: Das Problem für Normalverdienende ist Wohnen dort fast unerschwinglich.

00:04:13: Das blockiert nicht nur Innovation, sondern auch soziale Mobilität.

00:04:18: Menschen können nicht mehr dorthin ziehen, wo gut bezahlte Jobs warten.

00:04:22: Gleichzeitig befeuert die Knappheit an Wohnraum die massive Wohnungslosigkeit.

00:04:27: Die Ursache hierfür ist, dass zu wenig gebaut wird.

00:04:31: Oft sind es politische Entscheidungen, die das Bauen erschweren, etwa weil sich wohlhabende liberale Wählerinnen und Wähler um die Attraktivität ihres Viertels und entsprechende Wertverluste ihrer Immobilien sorgen.

00:04:44: Das Prinzip günstiger Wohnraum ja, aber nicht in meiner Nachbarschaft funktioniert aber nicht.

00:04:51: In dieser und ähnlicher Weise befürworten viele Demokratinnen und Demokraten zwar auf dem Papier günstigen Wohnraum und gute Infrastruktur, verhindern in der Praxis mit Vorschriften, Umweltauflagen und anderen Hürden aber, dass Projekte umgesetzt werden, mit denen diese Ziele tatsächlich erreicht werden könnten.

00:05:11: Bauen.

00:05:13: Ideologien der Knappheit wie der Degrowth-Ansatz sind nur begrenzt hilfreich.

00:05:18: Zwar ist es richtig, dass der Nutzen vieler Industriesektoren durch ihren Schaden für Umwelt und Klima überwogen wird.

00:05:26: Realistischerweise sind die meisten Menschen aber nicht bereit, Verzicht zu üben.

00:05:30: Schlimmer noch.

00:05:31: Viele Menschen, die von Klimaschutzpolitik negativ betroffen sind, wählen populistisch.

00:05:37: Eine gescheiterte Degrowth-Politik könnte so nicht nur die Klimakrise verschärfen, sondern zugleich auch autoritäre Tendenzen fördern.

00:05:46: Daher braucht es nicht Verzicht, sondern einen massiven Ausbau erneuerbarer Energien, für Klimaneutralität und als Basis für weiteres Wachstum.

00:05:57: Dafür muss die grüne Infrastruktur in bislang ungekanntem Tempo ausgebaut werden.

00:06:03: Das Problem dabei, die USA haben die Umsetzung großer Infrastrukturprojekte verlernt.

00:06:09: Die Produktivität der Baubranche stagniert seit den neunzehntetzeiger Jahren, während andere Wirtschaftsbereiche wachsen.

00:06:17: Grund sind aufwendige Sicherheits- und Umweltauflagen, die zwar einzeln sinnvoll erscheinen, in der Summe aber Projekte verzögern und verteuern.

00:06:27: Ursprünglich sollte Bürokratie Probleme sichtbar und behebbar machen, da.

00:06:32: heute blockiert sie dringend benötigte Fortschritte, etwa im Klimaschutz.

00:06:37: Notwendig ist ein Mentalitätswechsel, weniger Kontrolle und weniger Bürokratie, dafür mehr Handlungsfähigkeit.

00:06:46: Regieren Um Probleme wie Wohnungsknappheit oder die Klimakrise zu lösen und Vertrauen in die Politik zu stärken, ist ein handlungsfähiger Staat entscheidend.

00:06:58: In den USA haben Liberale die Handlungsmöglichkeiten des Staates durch Überregulierung jedoch stark eingeschränkt.

00:07:05: Um nur eines von vielen absurden Beispielen zu nennen, Bauprojekte scheitern mitunter an zu hohen Anforderungen für Luftfiltersysteme.

00:07:14: Das Ergebnis?

00:07:15: zu wenig sozialer Wohnungsbau und zu wenig grüne Infrastruktur.

00:07:21: Ein weiteres typisches Problem der liberalen Überregulierung besteht in dem Versuch, mit einem Projekt viele Probleme gleichzeitig zu lösen.

00:07:30: Das überfordert die Projektplanung und führt dazu, dass am Ende oft gar nichts umgesetzt wird.

00:07:35: Ein Beispiel ist der Chips & Science Act von twenty-twoundzwanzig, dem zufolge neue Mikrochip-Fabriken zahlreiche Umwelt- und Diversity-Auflagen erfüllen müssen.

00:07:47: Das Ergebnis, weder umweltfreundliche, energieeffiziente Fabriken noch sichere inklusive Arbeitsplätze entstehen.

00:07:55: Geholfen ist niemandem.

00:07:58: Kronisch überforderte und unterfinanzierte Verwaltungen sowie fehlende digitale Infrastruktur verschärfen das Problem.

00:08:06: Die Lösung?

00:08:07: Weniger ist mehr.

00:08:09: Wenn Bürokratie entfällt, können Politikerinnen und Politiker und Verwaltung wieder selbst entscheiden.

00:08:17: So geschehen in Philadelphia, wo eine eingestürzte Brücke per Notfallverordnung in Rekordzeit repariert wurde.

00:08:24: Ein Erfolg, der die Popularität und das Vertrauen in die Regionalregierung enorm steigerte.

00:08:30: Die Lektion – eine funktionierende Regierung muss selbst entscheiden und priorisieren können.

00:08:38: Erfinden Auch der Wissenschaftsbereich leidet unter überhandnehmender Bürokratie und sinkender Produktivität.

00:08:46: Innovationen sind für sozialen Fortschritt und Wirtschaftswachstum zentral, doch bahnbrechende Erfindungen werden seltener.

00:08:54: Ursachen hierfür sind künstliche Knappheit bei Personal- und Finanzmitteln sowie politische Hindernisse wie eine restriktive Einwanderungspolitik, in Folge derer weniger junge ausländische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ins Land kommen.

00:09:09: Das größte Problem ist jedoch die geringe Risikobereitschaft staatlicher Geldgeber.

00:09:15: Projekte mit einem hohen Potenzial für Durchbrüche haben meistens auch ein hohes Potenzial für Fehlschläge und werden deshalb seltener gefördert.

00:09:24: Hinzu kommt der zunehmende Papierkram.

00:09:27: Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verbringen inzwischen etwa vierzig Prozent ihrer Zeit mit Berichtspflichten und Antragsarbeit statt Mitforschung.

00:09:36: Gefördert werden zudem vor allem Projekte, die verkaufbar sind.

00:09:41: Das System belohnt Performance mehr als echten Fortschritt.

00:09:45: Ungewöhnliche Ideen und Zufälle, die viele Durchbrüche ermöglichen, bleiben auf der Strecke.

00:09:52: Durch eine ausreichende Finanzierung, eine offene Einwanderungspolitik und ein Anreizsystem, das riskante, innovative Projekte unterstützt, wären Verbesserungen möglich.

00:10:03: Allerdings weiß niemand genau, welche Ansätze hierbei erfolgreich sind.

00:10:08: Um herauszufinden, was echten Fortschritt bringt, sollten deshalb unterschiedliche Strategien nach dem Trial and Error-Prinzip getestet werden.

00:10:19: Anwenden Die USA fokussieren zu sehr auf den Heureka-Moment der Erfindung.

00:10:26: Für sozialen Fortschritt ist es aber oft entscheidender, dass Innovationen praktisch nutzbar und für die breite Masse zugänglich gemacht werden.

00:10:35: Ein Beispiel ist die Solarindustrie.

00:10:37: Solarzellen wurden in den neunzehntfünfziger Jahren in den USA entwickelt und zunächst von der NASA eingesetzt.

00:10:45: Als unter Ronald Reagan die Fördermittel gestrichen wurden, brach die Industrie zusammen, während Länder wie Deutschland und China die Technologie zur Marktreife brachten.

00:10:56: Ein verbreiteter Irrglaube ist, dass der Staat schlechterin ist zu entscheiden, welche Technologien erfolgsversprechend sind und gefördert werden sollten.

00:11:05: Tatsächlich aber ist unsere Welt voll von Technologien, die ohne staatliche Förderung nicht möglich gewesen wären.

00:11:12: Beispielsweise GPS, das Internet, oder Spracherkennung.

00:11:17: Die Frage ist also nicht, ob der Staat eingreifen sollte, sondern wie.

00:11:22: Insbesondere sollte er Innovationen finanzieren, die ohne ihn nicht entstehen würden.

00:11:27: Ein Vorzeigeprojekt in dieser Hinsicht ist die Covid-Impfkampagne Operation Warp Speed.

00:11:34: Unter staatlicher Steuerung wurde mit Hilfe der vorher kaum in der Praxis erprobten mRNA-Technologie in Rekordzeit ein hocheffektiver Impfstoff entwickelt und flächendeckend verfügbar gemacht.

00:11:47: Der Staat sollte als Flaschenhalstdetektiv agieren.

00:11:51: Das heißt, er sollte Innovationshemmnisse erkennen und gezielt beseitigen.

00:11:57: Dabei gibt es keine universell richtige Lösung.

00:11:59: Manchmal ist Bürokratieabbau nötig, manchmal die richtige Anschubfinanzierung.

00:12:05: Ein aktuelles Beispiel ist künstliche Intelligenz.

00:12:09: Die Entwicklung der Technologie ist rasant und kann die Wirtschaft revolutionieren, doch der enorme Energiebedarf der Industrie kann kaum gedeckt werden.

00:12:18: Ohne einen massiven Ausbau grüner Energien könnten Unternehmen ins Ausland abwandern.

00:12:24: Wenn die USA nicht riskieren wollen, eine der wichtigsten Zukunftsindustrien zu verlieren, braucht es entschlossenes staatliches Handeln, um die Energieknappheit zu beseitigen.

00:12:36: Zentral für erfolgreiche staatliche Innovationspolitik ist Fokus.

00:12:41: Alle Beteiligten müssen wissen, was das Ziel ist, warum sie daran arbeiten und wie es erreicht werden soll.

00:12:49: Historisch entsteht dieser Fokus oft erst durch eine Krise.

00:12:53: Die gute Nachricht ist aber, was wir als Krise definieren, ist eine politische Entscheidung.

00:12:59: So könnte etwa die globale Erwärmung zur Krise erklärt werden, um gezielt und konzentriert zu handeln.

00:13:07: Auf zum neuen Wohlstand.

00:13:10: Die USA befinden sich derzeit in einer Übergangsphase.

00:13:14: Die neoliberale Ordnung löst sich auf.

00:13:17: Eine Neue ist noch nicht entstanden.

00:13:19: Das Land steht am Scheideweg.

00:13:21: Setzt es auf Knappheit oder auf Überfluss?

00:13:25: Die Demokraten müssen sich entscheiden.

00:13:27: Die Debatte läuft im Kern auf zwei Ansätze hinaus.

00:13:30: Die Growth oder eine Politik des Überflusses.

00:13:34: Letztere steht für eine Rückbesinnung auf Marxische Traditionen.

00:13:39: Marx sah die enormen produktiv kräftetes Kapitalismus als Mittel, um das Leben der Menschen zu verbessern.

00:13:46: Orientiert sich die Produktion jedoch am Profit, bleiben viele nützliche Technologien ungenutzt, weil sie kurzfristig nicht rentabel sind.

00:13:55: Werden diese Produktionskapazitäten freigelegt, wird auch scheinbar Unmögliches möglich und eine Zukunft des geteilten Überflusses rückt in Reichweite.

00:14:06: Die Politik des Überflusses ist keine einfache Checkliste, sondern vielmehr eine Linse, um mit Blick auf die drängenden Probleme unserer Zeit die richtigen Fragen zu stellen.

00:14:17: Sie ist ein Wegweiser zu Lösungen, die sozialen Fortschritt, Innovation und Wohlstand gleichzeitig ermöglichen.

00:14:38: Ihre Kritik an lahmender Verwaltung und überbordender Regulierung ist auch für den europäischen und deutschen Kontext relevant.

00:14:46: Ihr Plädoyer für einen handlungsfähigen Staat ist überzeugend.

00:14:50: Statt sich in Bürokratie zu verlieren, muss Politik Prioritäten setzen, Entscheidungen treffen und Innovationen ermöglichen.

00:14:59: Allerdings greift Kleins und Thompson's Ansatz an vielen Stellen zu kurz.

00:15:04: Zentrale Elemente ihrer Zukunftsvision, etwa kürzere Arbeitszeiten bei vollem Lohnausgleich oder gesellschaftlich geteilte Profite aus künstlicher Intelligenz, setzen starke Gewerkschaften, weitreichende betriebliche Mitbestimmung und harte politische Auseinandersetzungen voraus.

00:15:23: Diese werden im Buch allerdings nicht thematisiert.

00:15:26: Die USA sind das beste Beispiel dafür, dass sich wirtschaftliche Erfolg und Produktivitätszuwächse nicht automatisch in sozialen Fortschritt für die breite Masse übersetzen.

00:15:38: Während eine kleine Zahl Milliardäre ihren Reichtum fast exponentiell vermehren konnten, greift in anderen Teilen der Bevölkerung zunehmend Armut um sich.

00:15:47: Fortschritt und die Verteilung von Wohlstand müssen immer auch politisch erkämpft werden.

00:15:53: Hier bleibt das Buch seltsam blank.

00:15:57: Auch Zielkonflikte, etwa zwischen Wachstum und Umweltschutz, sparen Klein und Thompson weitgehend aus.

00:16:05: Wenn sie thematisiert werden, erfolgt eine einseitige Auflösung zu Gunsten von Wachstum.

00:16:10: Ganz so als wäre Zersiedlung kein ernstzunehmendes Problem oder als würde Lebensqualität und Klimaresilienz in Städten nicht gerade davon abhängen, mehr Flächen zu end statt zu versiegeln.

00:16:25: Wie diese Konflikte aufgelöst werden sollen, scheint in der Politik des Überflusses keine Rolle zu spielen.

00:16:31: Somit verschenken die Autoren ein gutes Stück von dem Potenzial, das ihr Buch Zweifels ohne birgt.

00:16:38: Dennoch setzt der neue Wohlstand einen wichtigen Impuls.

00:16:42: Das Buch zeigt, dass eine bessere Zukunft möglich ist, wenn Politik und Gesellschaft konsequent auf Handlungsfähigkeit, Innovation und Infrastruktur setzen.

00:16:53: und dass der Mut zu großen Visionen heute entscheidend ist, um sozialen Fortschritt zu sichern.