Douglas Rushkoff (2025): Survival of the Richest

Shownotes

Die Anfänge des Internets waren von demokratischen Ideen und Freiheitsidealen geprägt. Heute ist von dieser Utopie wenig übrig: Aus dem offenen Netz wurde ein von Tech-Milliardären dominiertes Macht- und Überwachungssystem – getragen von Technikgläubigkeit, narzisstischen Größenfantasien und einem fadenscheinigen Philanthrokapitalismus. Die gesellschaftlichen Kosten des digitalen Kapitalismus sind enorm. Höchste Zeit, sich vom „Mindset“ der Silicon-Valley-Eliten zu befreien und auf kooperative, lokale und solidarische Alternativen zu setzen.

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00:00:04: Eine Buchessenz der Friedrich Ebert Stiftung.

00:00:09: Survival of the Richest.

00:00:11: Warum wir vor den Tech-Milliardären noch nicht einmal auf dem Mars sicher sind.

00:00:16: Von Douglas Rushkoff erschienen im Suhrkampfverlag Berlin.

00:00:21: Coats gefasst und eingeordnet von Gero Mars.

00:00:27: Buchessenz.

00:00:31: Kernaussagen.

00:00:34: In den frühen, nineteenhundertneunziger Jahren stellte man sich das Internet als einen machtfreien Ort vor, der Zugang zu Informationen für alle bietet und an dem man sich untereinander frei austauschen kann.

00:00:47: Doch aus dem offenen Netzwerk für globale soziale Vernetzung machten die Tech-Unternehmen immer mehr einen von wenigen Akteuren dominierten kommerziellen Markt.

00:00:57: Verbunden sind die Leitfiguren aus dem Silicon Valley durch ihre blinde Technikläubigkeit, ihre nazistischen Größenfantasien, ihre Drogen induzierten New Age-Visionen und durch ihren fadenscheinigen Philanthro-Kapitalismus.

00:01:14: Einordnung aus der Sicht der sozialen Demokratie.

00:01:19: Laut Koalitionsvertrag will uns die neue Regierung auf die digitale Überholspur führen, den Standort Deutschland wieder attraktiv machen und das Land zurück auf den Wachstumsfahrt führen.

00:01:31: Die Gesellschaft soll dabei digital kompetent, selbstbestimmt und inklusive sein.

00:01:37: Sicherlich ein gutes Leitmotiv für die geplante Modernisierung.

00:01:41: In diesem Zusammenhang kann man durch die Lektüre von Rushkoffs Buch über den kritischen Umgang mit digitalen Tools und deren weitreichende gesellschaftliche Implikationen viel lernen.

00:01:54: Buch.

00:01:55: Autor.

00:01:57: Douglas Rushkoff, geboren in den letzten Jahren, ist Professor für Medientheorie und digitale Wirtschaft am Queens College der City University New York.

00:02:07: Er gilt als einer der Vordenker, aber auch als einer der schärfsten Kritiker digitaler Entwicklungen.

00:02:14: Rashkoff verfasste zahlreiche Bücher, prägte die Ausdrücke viral gehen sowie digital natives und sieht sich selbst als einen marxistischen Medientheoretiker und Humanisten, der sich mit den Auswirkungen digitaler Technologien auf unser Leben beschäftigt.

00:02:33: Buch Inhalt Auslöser für das Buchprojekt war ein clandestines Treffen in einem wüsten Ressort, zu dem Tech-Milliardäre den Autor gegen ein fürstliches Honorar eingeladen hatten.

00:02:47: Zunächst dachte er, es ginge um eine Einschätzung der zukünftigen Entwicklungen von Technologie und Gesellschaft.

00:02:53: Tatsächlich bat man ihn in dessen um einen Rat, wo und wie man am besten Bunker für den Weltuntergang bauen sollte.

00:03:02: Er begriff.

00:03:03: Diese Herrschaften waren inspiriert von den Ideen und Vorhaben des Tesla-Gründers Elon Musk, der den Mars besiedeln will, das Palantir-Mitgründers Peter Thiel, der versucht, den Alterungsprozess aufzuhalten und der KI-Entwickler Sam Altman und Ray Kurzweil, die beabsichtigen, ihr Bewusstsein auf Supercomputer hochzuladen.

00:03:25: Diesen Menschen ging es nicht darum, die Welt zu einem besseren Ort zu machen, sondern eher darum, das menschliche Dasein überhaupt hinter sich zu lassen.

00:03:34: Ihr extremer Reichtum und ihre privilegierte Position bestärkten sie in dem Wunsch, sich angesichts der sehr realen Bedrohung durch Klimawandel, Anstieg des Meeresspiegels, Massenmigration, globale Pandemie, einwanderungsfeindliche Panik und Erschöpfung der natürlichen Ressourcen noch mehr von der übrigen Gesellschaft abzuschatten.

00:03:56: In ihren Augen erfüllte die Technologie der Zukunft nur einen einzigen Zweck.

00:04:01: Sie sollte ihnen helfen, vor dem Rest von uns zu fliehen.

00:04:06: Schließlich wurde erörtert, wie man sich im Zeichen von Umwelt-Kollaps und gesellschaftlichen Unruhen der Volkssamkeit des Wach-Personals versichert, bezahlen könne man sie ja nicht mehr, wenn das Finanzwesen zusammengebrochen war.

00:04:19: Rushkoffs Vorschlag verunsicherte die Zuhörer.

00:04:23: Sie sollten diese Personen schon möglichst früh solidarisch integrieren.

00:04:28: Dies entsprach allerdings sogar nicht ihrem nihilistischen, elitären Weltbild des Überlebens der Reichsten.

00:04:37: Frühe Hoffnungen mit reaktionärer Wende.

00:04:42: Am Anfang des Internets stand der Wunsch nach digitaler Basis Demokratie und kollektiver Entwicklung eines Mediums zur Förderung von Kreativität, Spiel, Freiheit, Chancen und des sozialen Zusammenhalts.

00:04:55: Schnell wurde es jedoch zum Dreh- und Angelpunkt eines neuen Geschäftsmodells, dass sich innerhalb von nur drei Jahrzehnten und frei nach dem Motto, genug gibt es nicht, zu einem von Tech-Milliardären dominierten Markt wandelte.

00:05:09: Das Problem hierbei ist nicht die eingesetzte Technologie, sondern der Eroberungswille, der sich in der letzten Dekade zudem mit einer politisch-reaktionären Wende verband.

00:05:20: An die Stelle des demokratischen trat auf diese Weise also ein autokratisches Leitmotiv, verbunden mit Kontrolle und Überwachungsmechanismen.

00:05:30: Die Realität des Technologieeinsatzes und des Arbeitslebens wird von den Konsumentinnen und Konsumenten dabei ebenso verborgen, wie die Realität der Produktionsbedingungen der gekauften Ware.

00:05:43: Die mehrschichtige Verschleierung anhand der digitalen Technologie ermöglicht eine umfassendere Externalisierung des Schadens.

00:05:52: Die Technologie trennt den menschlichen Akteur von den menschlichen Kosten.

00:05:56: Die Probleme des gegenwärtigen ausbeuterischen Wachstums abhängigen Kapitalismus werden nicht verringert, sondern lediglich unsichtbar gemacht.

00:06:08: Selbstzüchtiges entmenschlichendes Mindset.

00:06:13: Den Protagonisten des technischen Wandels geht es nicht einfach nur um Veränderung und Wettbewerb, sondern um radikale Erneuerung, eine zerstörerische Zerstörung.

00:06:23: Große Gewinne macht nur wer konsequent mit alten Vorstellungen bricht und Meta, also Next Level, geht.

00:06:31: Die Leit Maxime lautet, möglichst viele Mittel, Technologie und Geld anzuhäufen, damit man den Folgen des eigenen Handelns entkommen kann.

00:06:40: Das Mindset der Tech-Milliardäre besteht dabei in einer paradoxen Mischung.

00:06:45: Einerseits glauben sie, Technologie könne die meisten Probleme lösen, andererseits planen sie unterirdische Bunkeranlagen, um der Welt und ihren Problemen zu entkommen.

00:06:56: Neben einem Verständnis zwischen menschlicher Beziehungen als einem Marktphänomen, der Furcht vor Natur und Frauen, dem Bedürfnis, die eigenen Beiträge als einzigartige und beispiellose Neuerungen zu betrachten und dem Bemühen, das Unbekannte zu neutralisieren, indem man es beherrscht und erzählt, beinhaltet dieses Mindset auch die Silicon Valley Gewissheit.

00:07:22: Sie geht davon aus, dass es eine kybernetische Technologie gibt, mit der man sich über die Gesetze von Physik, Ökonomie und Moralität hinwegsetzen kann und die ihren Eigentümern etwas noch besseres als die Rettung der Welt ermöglicht.

00:07:37: Nämlich der von ihnen herauf beschworenen Apokalypse zu entkommen.

00:07:44: Die Hoffnung der Eliten besteht dabei darin, sich selbst auf eine höhere Abstraktionsebene, etwa in Zuckerbergs Zukunftsvorstellung des Internets als Metaversum zu retten, während der Rest der Welt vor die Hunde geht.

00:07:58: Gerne knüpfen die Entscheidungsträger aus dem Silicon Valley dabei an Ayn Rand an, die Philosophin des rücksichtslosen Turbo-Kapitalismus mit seinem radikalen Individualismus.

00:08:11: In ihren philosophischen Romanen befeuert Rand den Traum vom Aufstieg der Tüchtigen.

00:08:17: Als moralischer Gradmesser dienen ihr dabei Eigeninteresse und Egoismus.

00:08:22: Das Aufstiegsversprechen ihrer Philosophie zieht bis heute und ist passend zum US-amerikanischen Tellerwäschermantra, wonach jeder und jede es schaffen kann, erfolgreich zu sein.

00:08:34: Rand zufolge sind die anderen an ihrer Misere selbst schuld.

00:08:40: Macht und Technik.

00:08:44: Die Bilder von der Amtseinführung Donald Trumps waren sinnbildlich.

00:08:49: Hinter dem Präsidenten und den zukünftigen Regierungsmitgliedern saß die ganze Riege der amerikanischen Tech-Oligarchen von Elon Musk bis Peter Thiel und veranschaulichte, wie sich politische Macht mit Internet und Digitalwirtschaft verknüpft und eine radikale Neugestaltung der Gesellschaft ankündigt.

00:09:07: Wenig später hatte sich der Ex-Chef gar einen Posten als Repräsentant der US-Regierung beschafft.

00:09:14: Mit seinem Doge-Ministerium legte er die Kettensäge an staatliche Strukturen.

00:09:19: Die großen Technologieunternehmen dominieren also nicht länger nur ihre jeweiligen Märkte, sondern denen ihren Einfluss weit über die ökonomische Sphäre hinaus in Politik, Medien und gesellschaftliche Debatten aus.

00:09:33: Raskov prognostiziert diesem digitalen Kapitalismus nichts Gutes.

00:09:39: Noch jede Gesellschaft, die ein dem gegenwärtigen vergleichbares Maß an wirtschaftlicher Ungleichheit erreicht hatte, rutschte in den Faschismus ab.

00:09:48: Noch nie ist eine Zivilisation, die ihre physische Umwelt derart ausgebeutet hat, dem Zusammenbruch entgangen.

00:09:58: Kooperatives Handeln in einer Kreislaufwirtschaft.

00:10:03: Angesichts der Zerrüttungen, die diese digitalen Geschäftsmodelle produzieren, müssen wir uns von dem Mindset der Tech-Milliardäre befreien.

00:10:11: Denn mitnehmen werden sie uns auf ihrem Exodus sicher nicht.

00:10:15: Dem technokapitalistischen Mindset der Tech-Milliardäre stellt Rashkov daher die Wiederentdeckung des sozialen, kooperativen und nachbarschaftlichen Handelns in einer weniger wachstumsfixierten Kreislaufwirtschaft entgegen.

00:10:30: Ressourcen und Einnahmen zirkulieren stetig in der Gemeinschaft und stehen der Arbeiterklasse zur Verfügung.

00:10:37: Die Kraft der wechselseitigen Hilfe wird genutzt, um die Lage der einzelnen Mitglieder der Gemeinschaft ihren Bedürfnissen entsprechend zu verbessern.

00:10:46: Die Menschen besitzen die Unternehmen kooperativ mit anderen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und wahren ihre Unabhängigkeit von großen Arbeitgebern und des interessierten Investoren.

00:11:03: Rashkoff verwebt ökonomische, politische, philosophische und psychologische Betrachtungen zu einem stimmigen Sittengemälde des digitalen Kapitalismus samt seiner Technologieverherrlichung und all seinen ideologischen und realen gesellschaftlichen Implikationen.

00:11:20: Das Buch liefert ein tieferes Verständnis für die Ursachen des Größenwarns der Tech-Milliardäre, und auf dieser Basis eine radikale Kritik an den Heils versprechen, die uns nur weiter in den ökologischen und gesellschaftlichen Abgrund führen werden.

00:11:35: Meist ist das Buch aufschlussreich, manchmal aber auch vereinfachend.

00:11:40: Man verzeiht dem Autor, wenn hier und da eitle Rechthaberei durchscheint.

00:11:45: Ich, Douglas Rushkoff, plaudere aus dem Nähekästchen, werde von den Reichen eingeladen und lasse mich wieder bei Eindrucken noch korumpieren.

00:11:53: Am Ende werden aber zu kleine Brötchen gebacken.

00:11:56: Rashkoff kündigt zwar selbst an, keinen Plan für die Rettung der Welt vorlegen zu wollen, sondern nur ein paar Hinweise zu geben, was wir tun müssen, um die Auswirkungen einzudämmen und alternative Lösungen anzusteuern.

00:12:09: Bei der Entfaltung der Gegenvision hätte man sich dennoch ein bisschen mehr innovativen, gedanklichen Tiefgang erhofft.

00:12:17: Trotzdem.

00:12:18: Lesen Sie das Buch, reden Sie darüber und sorgen Sie mit für seine Verbreitung, indem Sie das Buch weiter empfehlen oder nach der Lektüre weitergeben.

00:12:28: Das wäre auch ganz im Sinne von Rushkovs Gegenvision einer Wiederbelebung des nachbarschaftlichen sozialen Zusammenhalts.

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